Perspektivische, kolorierte Zeichnung eines Raums im Kindergarten

Entwurf für einen Montessori-Kindergarten von Franz Singer und Friedl Dicker

Entwurf für einen städtischen Montessori-Kindergarten in Wien von Franz Singer, unter Mitarbeit von Friedl Dicker, 1930-1931, Bauhaus-Archiv Berlin

Erschließung der Nachlässe von Franz Singer und Friedl Dicker

Friedl Dicker und Franz Singer wuchsen in Wien auf und besuchten die private Kunstschule von Johannes Itten, in der sie sich um 1917 kennenlernten. 1919 folgten sie ihrem Lehrer ans neu gegründete Bauhaus in Weimar und beendeten dort ihr Studium vier Jahre später. Im Anschluss gründeten sie die Werkstätten Bildender Kunst in Berlin-Friedenau, in denen sie Bühnenbilder, Theaterkostüme, Textilien, Bucheinbände und Schmuck anfertigten. 1925 kehrten sie nach Wien zurück, um dort ihre künstlerisch fruchtbare Ateliergemeinschaft aufzubauen. Hier entstanden Möbelentwürfe, Innenraumgestaltungen und eine Vielzahl an Bauten. Der aufkeimende Nationalsozialismus, der die Arbeitssituation für die beiden jüdischen KünstlerInnen zunehmend erschwerte, führte schließlich dazu, dass sie 1933/1934 ihren Lebensmittelpunkt ins Ausland verlegten. Dicker, die sich ab 1931 verstärkt der Kunstpädagogik widmete, ging nach Prag. 1942 wurde sie ins KZ Theresienstadt deportiert und 1944 in Auschwitz ermordet. Singer zog nach London, wo er seine Tätigkeit als Architekt fortsetzte. Er starb 1954 bei einem Besuch in Berlin.

1970 widmete das damals noch in Darmstadt ansässige Bauhaus-Archiv Dicker und Singer eine erste Ausstellung. Anlass war eine umfangreiche Schenkung durch Singers Schwester Frieda Stoerk. Die Kunsthistorikerin Katharina Hövelmann hat den im Bauhaus-Archiv erhaltenen Bestand von ca. 3.700 Fotografien sowie ca. 3.500 Architekturplänen und Zeichnungen Dickers und Singers nun wissenschaftlich erschlossen und erforscht. Insbesondere die Fotografien dokumentieren sehr detailliert die vorwiegend in Wien realisierten Raumgestaltungsprojekte. Darüber hinaus umfasst der Bestand u.a. am Bauhaus entstandene Vorkurs-Studien Dickers und Singers sowie farbige Perspektivzeichnungen und Axonometrien, die nun erstmals den jeweiligen Projekten und AuftraggeberInnen zugeordnet werden konnten. Aus der Erschließung gehen neue Erkenntnisse über die am Bauhaus entwickelten Arbeitsweisen und Entwurfsprozesse der Ateliergemeinschaft hervor.